Entwicklung des Lichtspiel- und
Kinowesens in Schömberg
Schon 1930 gab es in
Schömberg Filmvorführungen. Hierzu war im Saal des
Gasthof zum Ochsen ein Vorführraum eingerichtet. Ungefähr
die Hälfte des Saales war mit fest miteinander verankerten
Klappstühlen bestückt. Der restliche Teil war mit mit
normalen Holzstühlen bestuhlt. Bei Hochzeiten und anderen
Veranstaltungen konnten die Klappstühle zur Seite geschoben
werden.
Auch gab es 1930 schon
Sicherheitsvorschriften die zeitweise zur Schließung des
Betriebs führten, denn das Filmmaterial war hoch brennbar.
Die Vorführungen
fanden in den Wintermonaten alle 4 Wochen, später alle 2
Wochen statt und wurden von der Gemeinde subventioniert.
Bis Ende 1933 gab es
nur Stummfilmvorführungen die von Herrn Ruppmann
(Elektriker) am Klavier begleitet wurden. Bekannte Filme der
Stummfilmzeit die wahrscheinlich auch in Schömberg
aufgeführt wurden, waren z. B. Filme mit Charly Chaplin,
Oliver Hardy und Stan Laurel
Erste Tonfilme
entstanden 1927 in den USA. Deutschland folgte mit dem
Dokumentarfilm "Melodie der Welt" und Carl Fröhlichs
Spielfilm "die Nacht gehört uns" 1929 nach. Schon
1930 hatte der Tonfilm den Stumfilm verdrängt. In einem
kleinen Kurort wie Schömberg dauert so eine einschneidende
und kostspielige Neuerung natürlich etwas länger.
1933
wird auf Drängen der Kurgäste nach Tonfilmvorführungen,
dem Filmvorführer Glauner mit Hilfe der Kurverwaltung die
Möglichkeit gegeben ein entsprechendes Gerät zu kaufen.
Die Kosten für einen Tonfilmprojektor beliefen sich damals
auf 4300 RM. Die Filme wurden allerdings auch weiterhin nur mit
einem Projektor vorgeführt. Das bedeutete, dass nach dem
Ende jeder Filmspule eine Pause zum Wechseln eingelegt werden
musste. Je nach Länge des Film konnte das bis zu 4mal sein.
Der Tonfilmprojektor wurde angeschafft und das
Interesse der Besucher stieg.
Frau Ruth Pfeilsticker
erinnert sich noch an Micky-Maus-Filme die sie als Kind sehen
durfte und an Filme wie "Gewitter im Mai" mit
Louis Trenker und "Quax der Bruchpilot"; mit Heinz
Rühmann.
Während des
Krieges fand am Wochenende eine Vorführung statt. Zum
Spielfilm gehörte natürlich die Deutsche Wochenschau;
die vor allem über die Kriegsereignisse berichtete. Der
Andrang war so groß, dass der Saal nicht alle Besucher
aufnehmen konnte und diese wieder enttäuscht heimgehen
mussten.
Neben den Vorführungen
im Ochsensaal gab es noch Sonderveranstaltungen in allen 3
Sanatorien.
Im
Gemeinderatsprotokoll vom 11. Nov. 1941 wird hierzu vermerkt:
Glauner erhebt für
diese Veranstaltungen einen Eintrittspreis. Der Besuch der
Veranstaltungen ist sehr stark. Die Eintrittsgelder belaufen sich
auf 1000 bis 1200 RM monatlich. Die Unkosten des Unternehmers
sind verhältnismäßig gering. Hiernach liegt
kein Grund mehr vor, das Unternehmen von der Kurverwaltung noch
zu bezuschussen.
Entschließung:
Den Zuschuss einzustellen und den Unternehmer zur
Vergnügungssteuer heranzuziehen
Trotz Kriegszeit waren
dies gute Zeiten für einen Kinobetrieb. Die Menschen suchten
nach Unterhaltung und Zerstreuung aber auch nach Informationen
der Wochenschau über das Kriegsgeschehen an dem die meisten
Familien mit Angehörigen direkt beteiligt waren.
Schon 1945 bemühte
sich die Gemeindeverwaltung wieder geregelte Filmvorführungen
zu ermöglichen. Vor diesem Neubeginn waren jedoch einige
Schwierigkeiten zu bewältigen:
Das gemeindeeigene
Vorführgerät war von der französischen
Besatzungsmacht konfisziert worden. Werner Trippe, der bei
Verhandlungen zwischen Gemeinde- und Militärverwaltung
vielfach als Dolmetscher herangezogen wurde, sollte auf
Anraten und Bitte von Bürgermeister Hermann versuchen,
dieses Gerät frei zu bekommen. Das Vorführungs- und
Betriebsrecht lag jedoch bei einer französischen
Filmgesellschaft. Nach zähen Verhandlungen kam es dann zu
der Vereinbarung: Der Projektor kam nach Schömberg zurück,
nachdem Trippe einen Kurs als Filmvorführer gemacht hat und
als Angestellter der franz. Filmgesellschaft die Erlaubnis
zu Filmvorführungen erhält.
Anfang
1947 konnte der geregelte Kinobetrieb im Ochsen wieder
aufgenommen werden
Zuerst gab es nur
französische Filme teils mit Untertitel.. Später gab es
dann auch amerikanische Filme. Die deutschen Filme mussten zuerst
sozusagen "entnazifiziert" und wieder freigegeben
werden. So bald die Vorschriften es erlaubten, machte sich Werner
Trippe selbständig. Es gelang ihm einen zweiten Projektor zu
beschaffen (Koffergerät) um damit die Filme ohne
Unterbrechung vorzuführen zu können. Dies war eine
wesentliche Qualitätsverbesserung. Mit diesen Geräten
machte er auch Vorführungen im Waldsanatorium,
Schwarzwaldheim und im Sanatorium Schömberg. Der Projektor
musste dann mit dem Handkarren dort hin transportiert werden
Im Ochsen-Saal gab es
ca. 70 Sitzplätze, oft waren aber auch bis zu 100 Leute
drinnen.
Dieser Kinoraum
genügte für den Besucheransturm längst nicht mehr.
Werner Trippe schaute sich nach einem Bauplatz für ein neues
Kino um.
Oberhalb des
Gasthauses zur Linde konnte er von dessen Besitzer, Karl Mönch
das Grundstück erwerben.
Dieser stellte auch
die (damals sehr knappen) Finanzmittel zur Verfügung, damit
das Kino eine gediegene Theater-Ausstattung erhalten konnte.
Am 17.März 1953
erhielt Werner Trippe die Baugenehmigung zur Errichtung eines
Lichtspielhauses. Und schon am 22. August 1953 konnte das
"Kurtheater" eingeweiht werden. Die Architekten waren
Georg Kappler aus Schömberg und der für Theater und
Lichtspielhäuser bekannte Innenarchitekt Glücker aus
Stuttgart. Die Eröffnung des Kinos fiel in eine Zeit eines
wahren Kinobooms. Eröffnungsfilm war "Heidi".
Dieser Film gehörte zu den damals sehr beliebten
Heimatfilmen die große Besucherzahlen in die Kinos lockten.
Eingebaut wurde auch
eine ca. 4m tiefe Bühne um die Räumlichkeiten auch für
andere Veranstaltungen nutzen zu können. Eine der ersten
kulturellen Veranstaltungen war ein Konzert des Gesangverins
"Germania". Es trat auch damals schon "Pfundners
Bauerntheater" sowie politische Kabaretts wie
"Zeitberichter" u. a. auf. Dieser variablen Nutzung des
Hauses wird mit der Benennung "Kurtheater" Rechnung
getragen. Die Filmvorführungen fanden in der Anfangszeit vor
vollbesetztem Hause statt. Beim Vorverkauf gab es
Menschenschlangen bis rüber zur Kirche.
Eine
erste Konkurrenz kam mit der Errichtung des Kurhaus, (1957) das
die Bühne für Sondervorstellungen bald nicht mehr nötig
machte. Das war aber weiter nicht abträglich, da es ohnehin
zu wenig Sitzplätze gab. Diesem Mangel konnten mit dem
Rückbau der Bühne Anfangs der 60er Jahre abgeholfen
werden. Gleichzeitig wurde für die Vorführung von
Cinemascopefilme umgebaut und neue Vorführgeräte
angeschafft. Es war dies der erste und einzige Zeit in der Ära
Trippe, in der das Kino für kurze Zeit geschlossen war.
Einer dieser neuartigen Filme an dessen Aufführung in
Schömberg ich mich noch erinnern kann war "Giganten"
mit Elisabeth Taylor und James Dean. Es war auch die Zeit der
Monumentalfilme wie "Die 10 Gebote" und "Ben-Hur".
Ein erster Einbruch
der Besucherzahlen kam durch das Fernsehen Mitte der 60er Jahre.
Der nächste mit dem Rückgang der Patientenzahlen und
der Umstellung des Kurortes auf Fremdenverkehr.
Um die Pauschalkosten
zu decken suchte und fand Werner Trippe in Herrenalb und
Enzklösterle zusätzliche Vorführhäuser in
denen er je 1x die Woche Vorführungen machte. Enzklösterle
wurde später von Dobel abgelöst.
Ende des letzten
Jahrtausends war das "Kurtheater
Schömberg"
wohl das letzte Kino, das in seinem ganzen Ambiente noch aus den
50er Jahren stammte. Es war von seinem Besitzer liebevoll in
diesem Stiel erhalten worden. Dies wurde in einer Diplomarbeit
von Architekturstudenten gewürdigt. Es war aber auch das
Kino, das sein Programm - oft entgegen monetären Interessen-
mit künstlerisch und kulturell wertvollen Filmen
anreicherte. Dadurch kamen auch vielfach Besucher aus der
weiteren Umgebung. Es war eben, wie ein häufiger Kinogast
sich bedankte, ein "besonderes Kino".
Ende Nov. 2000 musste
sich der jetzt 84 jährige Werner Trippe altershalber
entschließen den Kinobetrieb aufzugeben. Dass dieses Kino
so lange bestanden hat, war vor allem seinem Idealismus zu
verdanken. Eine feste Einrichtung des kulturellen Angebots
Schömberg drohte verloren zu gehen. Wie konnte es weiter
gehen?
Der Gemeinderat war
bereit den Kinobetrieb zunächst für ein Jahr zu
fördern, sofern gualifizierte Pächter und Betreiber
gefunden und aus der Bevölkerung heraus eine Unterstützung
des Kinos signalisiert würde.
Der Pächter wurde
in den Alfred Speiser Kinobetriebe GmbH gefunden. Alfred Speiser
betreibt mehrere Kinos in kleineren Städten und hat somit
auch die Möglichkeit Filme in Erstaufführung nach
Schömberg zu bringen. Als Betreiber vor Ort stellten sich
Ute Trappe und Wolfgang Lange zur Verfügung, die auch für
das leibliche Wohl der Gäste verantwortlich sind.Der
Kinoraum erhält eine neue komfortable Bestuhlung und ein
Kiosk wird eingebaut. Es ist nun möglich, sich bei Popkorn
und Cola sich einen schönen Abend zu machen.
Am 21. Februar 2001
öffnet das Schömberger Kino unter neuer Leitung mit dem
Film "Das Dschungelbuch" wieder seine Pforten.
Auch aus der
Bevölkerung kommt die geforderte Unterstützung:
Am 19. Juli 2001 wird
der "Förderverein Kurtheater" gegründet. 1.
Vorsitzender wird Jörg Trippe der Sohn von Werner Trippe.
Ziel des Vereins ist es, durch zusätzliche Veranstaltungen
die wirtschaftliche Grundlage des Hauses zu fördern und den
Kinobetrieb in Schömberg zu erhalten. So werden am
verkaufsoffenen Sonntag eine Kinderbetreuung und beim Kinostart
von "Harry Porter" ein Malwettbewerb und eine Verlosung
angeboten
Das Kino ist für
die Schömberger Bürger, für die Bewohner der
Umgebung und für die Kurgäste eine wichtige kulturelle
Einrichtung zur Gestaltung der Freizeit. Wir hoffen dass es uns
noch lange erhalten bleibt.
Schömberg 2002,
W. Obert
weitere
Aufsätze zur Gechichte Schömbergs
|