7. Schömberg als Luftkurort

Erst in den 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts trat Schömberg aus seiner seitherigen Weltabgeschiedenheit heraus, und es setzte nun fast sprungartig die Entwicklung ein, die es zu einem weltbekannten Luftkurort machte. Eine Heilanstalt nach der anderen wurde gegründet, und heute (bezieht sich auf das Jahr 1927) sind es deren schon fünf.

Entscheidend für diesen ungeahnten Aufschwung war das Jahr 1884. Damals hielt sich ein Erfurter Kaufmann, Hugo Römpler, einige Monate im Schömberger Pfarrhaus auf, um Heilung von seinem Lungenleiden zu suchen. Er war zu diesem Zweck früher schon lange Jahre in der Schweiz und in südlichen Ländern gewesen; aber jedes Mal war die erzielte Besserung rasch wieder in dem rauheren Klima seiner Heimat verloren gegangen. Der Schömberger Aufenthalt brachte jedoch dauernde Besserung.

Damit war die eigenartige Heilwirkung des Schömberger Klimas entdeckt. Um auch anderen Erholungsbedürftigen diesen Ort zugänglich zu machen, erwarb Römpler den Gasthof zum Hirsch und eröffnete darin 1888 das ,,Luftkurhaus", das sich rasch eines guten Besuchs erfreute. Bald suchten auch Lungentuberkulöse hier Heilung. So ergab sich die Notwendigkeit, die Luftkuranstalt in eine ärztlich geleitete Heilanstalt für Tuberkulöse umzuwandeln. Damit entstand die älteste der heute bestehenden Heilstätten des Dorfes, das Sanatorium Schömberg.

Die weitere Entwicklung und der Stand ca. 1927 sei im folgenden in aller Kürze skizzieret.

1. Das Sanatorium Schömberg. Erster Arzt war Dr. Baudach, welcher

der Anstalt etwa 16 Jahre vorstand. 1892 wurde sie wesentlich erweitert und in den Jahren 1898 und 1902 auf das Doppelte vergrößert und neuzeitlich eingerichtet. Von 1898 - 1918 leitete Sanitätsrat Dr. Koch das Sanatorium. Jetziger leitender Arzt ist Dr. Walder.

2. Die Neue Heilanstalt wurde abseits vom Orte auf der so genannten Reute an der Grenze der Schömberger und Schwarzenberger Gemarkung im Winter 1898/99 von dem früheren Leiter des älteren Sanatoriums, Dr. Baudach, zusammen mit Architekt Burger aus Stuttgart errichtet und im Mai 1899 eröffnet. Die beiden Gründer starben bald nach der Eröffnung. Anfangs September 1899 übernahm die Leitung der Anstalt Dr. Schröder. Er steht noch heute an der Spitze der Anstalt. Die Neue Heilanstalt hat sich aus kleinen Anfängen (bei der Eröffnung standen 25 Betten zur Verfügung) zu ihrer jetzigen Größe entwickelt.

3. Das Sanatorium Schwarzwaldheim (früher Süddeutsche Heilanstalt) wurde 1899/1900 von dem Bauunternehmer Schill aus Wildbad gebaut. Erster Arzt war Dr. Herrlinger. Von 1910 bis 1924 war Dr. Bandelier leitender Arzt, welcher die Anstalt durchaus zeitgemäß einrichtete. 1925 wurde die Anstalt an die Reichs-Versicherung für Angestellte in Berlin verkauft; seitdem wird sie nur mit männlichen Kranken belegt. Leitender Arzt ist Dr. Eversbusch.

4. Zu Schömberg gehört auch noch die auf dem Hengstberg bei Calmbach liegende Volksheilstätte Charlottenhöhe. Sie wurde vom württembergischen Verein für Volksheilstätten errichtet und 1905/06 von Oberamtsbaumeister Link in Neuenbürg erbaut. Am 25. Mal 1907 weihte sie das württembergische Königspaar ein. Nach Dr. Schüz leitet diese Anstalt jetzt Dr. Dorn. Sie hat eine Frauen-, Männer- und Kinderabteilung. Für letztere wird zur Zeit ein umfangreicher Neubau erstellt.

5. 1908 entstand auf dem Bühlhof das Kurhaus Waldeck, das heute Kranke der Schupo beherbergt, 1912 das Kinderheim. Leitender Arzt dieser beiden Anstalten ist Dr. Schwermann.

In weiteren Krankenpensionen des Ortes ist Dr. Wahl ärztlich tätig.

So hat Schömberg in knapp 40 Jahren einen Aufschwung genommen, der ihm über die Grenzen Deutschlands hinaus einen guten Ruf als Kurort für Atmungsorgane gesichert hat.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Dorfbild wider. Während in der Talstraße Altschömberg den Zustand vor 100 Jahren im wesentlichen unverändert erhalten hat, stehen die Hauptstraße, die Liebenzeller- und die Schwarzwaldstraße durchaus im Zeichen der neuen Zeit. In rascher Folge hat sich hier Haus an Haus gereiht. So standen an der Liebenzeller Straße um 1900 außer der 1832/33 (vom Staat) erbauten Kirche nur einige Häuser. Heute zieht sich hier ein langer Doppelstrang städtisch anmutender Gebäude hin, der bis zur Reute reicht, und Jahr für Jahr arbeitet eine rastlose Bautätigkeit daran, die verbliebenen Lücken zu schließen.

Nach der Volkszählung vom 16. Juni 1925 betrug die ortsanwesende Bevölkerung Schömbergs 1983, die Wohnbevölkerung 1284 Personen; letztere hat gegenüber 1900 um 50 % zugenommen.

Schömberg hat eine Postanstalt mit Telephon und Telegraph, sowie eine eigene Apotheke. Eine Kraftwagenlinie verbindet es mit den benachbarten Bahnstationen Höfen a. Enz (Linie Pforzheim - Wildbad) und Bad Liebenzell (Linie Pforzheim - Horb), eine zweite, erst vor kurzem eröffnet, mit der Oberamtsstadt Neuenbürg.

Friedrich Fick, Höfen a d. Enz 1927